Haushaltsrede 2021

Herr Bürgermeister, meine sehr geehrten Damen und Herren,

sich in Zeiten einer Pandemie mit einem städtischen Haushalt zu beschäftigen, erscheint auf den ersten Blick etwas surreal. Auf den zweiten Blick gesehen ist klar, die kommunalen Aktivitäten dürfen darunter nicht zu sehr leiden, wichtige Projekte, die bereits angeschoben wurden, müssen weitergeführt werden und die Bürgerinnen und Bürger müssen erkennen können, dass alle Anstrengungen unternommen werden, das Leben in der Stadt den jeweiligen Gegebenheiten (Inzidenzwerte, Grenzwerte, usw.) anzupassen. Nur auf das Ende der Pandemie zu warten wäre das falsche Zeichen.

Im Namen der grünen Fraktion möchte ich mich deshalb ausdrücklich beim Bürgermeister und dem Kämmerer zum einen für die Aufstellung des Haushaltes und zum anderen für die weiterführenden Gespräche in Form von Präsenz- und Videokonferenzen bedanken. Auch den Fraktionen der CDU, SPD und FDP gilt unser Dank. Es ist uns in offenen, konstruktiven Gesprächen gelungen, einen Haushalt mit begleitenden Beschlüssen gemeinsam für dieses und das folgende Jahr auf den Weg zu bringen. Das war in der Vergangenheit nicht immer so. Aber gerade jetzt senden wir alle zusammen auch so ein positives Signal.

Seit 2019 haben wir zwar die langjährige Haushaltssicherung verlassen, aber die Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung müssen ja weiterhin unternommen werden. Dank der Möglichkeit, die vom Land angebotene Corona-Bilanzierungshilfe in Anspruch nehmen zu können, werden sich Mehrausgaben sowie Mindereinnahmen im steuerlichen Bereich jetzt noch nicht monetär auswirken. Aber in den Folgejahren, d.h. ab 2025, werden wir damit konfrontiert sein. Daher zeichnet sich auch aufgrund des derzeitigen Liquiditätskredites in Höhe von 38 Mio Euro noch keinerlei Chance ab, kommunale Selbstverwaltung auch im finanziellen Bereich zu leben – so war es ja eigentlich mal gedacht.

„Die Konjunktur hellt sich etwas auf – der Ifo-Index steigt zum dritten Mal in Folge“ 

„Deutschland könnte 2045 klimaneutral sein“ 

„Küchenbauer sehen auch 2021 gute Chancen“

Das waren die Schlagzeilen der Wirtschaftsseite vom letzten Dienstag, den 27. April. in der NW. Und somit wird ja auch das positive Gefühl vermittelt – wir kommen aus der Krise zwar mit Blessuren heraus, aber es wird nicht so schlimm werden wie zunächst befürchtet. Wie es den Menschen dabei geht, ist aber nochmal ein ganz anderer Aspekt. Und wie hoch die Zahl der Insolvenzen letztlich sein wird, ist dank der Corona-Hilfen auch noch völlig unklar. All diese Dinge haben auch Auswirkungen auf unseren städtischen Haushalt. Und eines dürfte uns allen klar sein: Der lang gehegte Wunsch nach einer Finanzreform wird noch lange ein Wunsch bleiben. Und zusätzliche monetäre Corona-Hilfen für Kommunen sind bisher auch nicht in Sicht.

Doch nun zu den Zahlen und Inhalten des Haushaltes. Kurzum: alle Inhalte des vorgelegten HH 2021 tragen wir mit allen Änderungen mit. Die Ausgaben für das ISEK, Kita, moderne Sportstätten, Barrierefreiheit, Mobilitätsmanagement finden unsere Zustimmung.

Zusätzlich haben wir in den Bereichen Klimaschutz und Klimafolgenanpassung, eine bessere Ausstattung von Bewegungsmöglickeiten für Kinder und Jugendliche sowie Digitalisierung unseren Fokus in den Änderungen einfließen lassen. Vieles ist nach der langen Phase der Haushaltssicherung aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein! Im Einzelnen bedeutet dies:  – Die Erhöhung des Ansatzes im Bereich Straßeninstandsetzung um 50.000 Euro ist ausschließlich für die Sanierung von Fahrradwegen vorzusehen- Künftig sollen jedes Jahr, wie bereits 2020 geschehen, 5.000 Euro für die Ausgabe von insekten- und bienenfreundlichen Gehölzen eingestellt werden- Für die Beschaffung von Spielgeräten auf Spielplätzen wird der Ansatz um 15.000 Euro auf 40.000 Euro erhöht (37 gibt es im Stadtgebiet)- Der Ansatz für Turnhalleninventar (9 Turnhallen im Stadtgebiet) soll in diesem Jahr um 20.000 Euro erhöht werden, sowie eine Bestandsaufnahme erfolgen, wie hoch der Gesamtbedarf ist, um einen entsprechenden Ansatz für 2022 zu bilden

Darüber hinaus haben sich alle 4 Fraktionen auf 8 haushaltsbegleitende Beschlüsse geeinigt, die ebenfalls von allen mitgetragen werden.

Die für uns wichtigsten darf ich einmal kurz benennen:- Nur 6,7 % der Gesamtfläche der Stadt Enger ist bewaldet, der zweitschlechteste Wert aller Städte und Gemeinden im Kreis. Der Kreis Herford ist einer der waldärmsten Kreise in NRW und hat nun eine Initiative zur Aufforstung gestartet, die wir gern unterstützen möchten. Im Haushaltsjahr 2022 sind hierfür im Bereich „Grunderwerb“ 50.000 Euro vorzumerken.- Wir möchten einen Wettbewerb zur Entsiegelung von Schottergärten
ab dem Jahr 2022 ausloben. Um den Bürgerinnen und Bürgern einen Anreiz zur Entsiegelung und Umgestaltung von Schottergärten in ein insekten- und bienenfreundliches Ambiente zu geben, wird ein Preisgeld von insgesamt 5.000 Euro bereitgestellt. Im Jahr 2021 werden vorbereitend Kriterien für den Ablauf und die Entscheidungsfindung erarbeitet.- Im Rahmen einer Zukunftswerkstatt sollen wichtige Themen für die Zukunft der Stadt und der Verwaltung (Finanzsituation, Gremienstruktur, Digitalisierung) mit fachlicher Expertise begleitend angegangen werden.

Darüber hinaus gibt es wichtige Themen, die uns in den nächsten Jahren generell mehr beschäftigen werden, die aber hier im Haushalt noch nicht den nötigen Stellenwert erreicht haben.

Im April 2019 hat Bürgermeister Thomas Meyer gemeinsam mit 58 Landräten und Bürgermeistern das Klimakommuniqué OWL unterzeichnet. Inzwischen haben wir für Enger den Klimanotstand ausgerufen, sowie einen Klimaschutzmanager eingestellt, der ein Klimaschutzkonzept erarbeitet. Dieses bildet die Grundlage für künftige Landes- oder Bundesförderungen.Wir haben einen Klimaschutzbeirat eingesetzt, der im ersten Umweltausschuss in der letzten Woche allerdings seinen ernüchternden Bericht vorgetragen hat.

Der heutigen Eilpresse ist zu entnehmen, dass das Bundesverfassungs-gericht das Klimaschutzgesetz von 2019 für verfassungswidrig erklärt hat. Der Gesetzgeber wird nun verpflichtet, bis Ende kommenden Jahres bei den Reduktionszeiten für Treibhausgasemissionen für die Zeit nach 2030 nachzubessern.

Was heißt das nun für uns: in vielen kleinen Dingen sind wir sehr verhalten auf dem Weg. Wie aber schon im Umweltausschuss deutlich wurde, wird das Thema Klimaschutz ein noch wichtigeres in der Zukunft werden.

Dazu gehört ebenfalls der Bereich Verkehr. Ich hätte ja nie gedacht, dass ich den Bundesverkehrsminister Scheuer einmal positiv zitieren würde, aber er hat gerade gestern erklärt, Deutschland soll zum „Fahrradland“ werden. Die Nahmobilität muss gestärkt werden. Es muss ein Umdenken im Kopf geben. Veränderungsmanagement ist gefragt. In der Zukunft hat nicht mehr das Auto den Vorrang auf der Straße, sondern die schwächeren Verkehrsteilnehmer*innen. Wir sind hier in Enger mit dem Alltagsradwegekonzept und dem Verkehrskonzept für die Innenstadt schon auf einem guten Weg. 

Für die Umsetzung der Konzepte sind aber wir Politiker*innen aber gefragt. Wir müssen die entsprechenden Weichen hier vor Ort stellen und manchmal auch mutige, zukunftsweisende Entscheidungen treffen. Für die Nahmobilität und für den Klimaschutz!

Hiermit stelle ich den Antrag, über den vorgelegten Beschlussvorschlag und die haushaltsbegleitenden Beschlüsse abzustimmen.

Es gilt das gesprochene Wort.

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit!