Haushaltsrede 2013

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

meine Damen und Herren,

zunächst einmal herzlichen Dank an den Kämmerer und den Bürgermeister für die Einbringung des Haushalts.

Heute halte ich meine 10. Haushaltsrede in diesem Rat.

Die Inhalte haben sich seitdem, was die übergeordneten Strukturen angeht, nicht verändert. Die miserable Finanzsituation der Kommunen wird insbesondere durch die vermehrte Aufgabenzuweisung ohne ausreichende Finanzausstattung herbeigeführt. Die immer wieder heraufbeschworene Gemeindefinanzreform lässt weiter auf sich warten – bisher ist hier nur Flickschusterei betrieben worden. 10 Jahre, in denen sich die Finanzsituation für Kommunen immer weiter verschlechtert hat.

Auf allen Ebenen leidet unser Staat an chronischer Unterfinanzierung – Bund, Länder und als letzte in der Kette die Kommunen verfügen nicht über die ausreichenden finanziellen Mittel, um die ihnen gestellten Aufgaben zu erfüllen. Insbesondere die Aufgaben im sozialen Bereich schlagen hier zu buche. So befindet sich eine Kommune schnell in der Spirale zwischen steigenden sozialen Kosten und sinkenden Steuereinnahmen.

Der Deutsche Städtetag hat ermittelt, dass die kommunalen Sozialleistungen in den letzten zehn Jahren um 60 % angestiegen sind. Hier sind die kostenintensivsten Bereiche die Kinderbetreuung, die Kosten der Unterkunft und die Eingliederungshilfe – auf diese Kosten haben die Kommunen keinen Einfluss und müssten hier spürbar entlastet werden.

Die Übernahme der Grundsicherung im Alter durch den Bund ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Im Gegenzug müssen aber die Kommunen ab 2014 die Kosten für Schulsozialarbeiter und das Hortessen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket übernehmen. Das läuft auch wieder nach dem Prinzip „rechte Tasche – linke Tasche“.

Darüber hinaus bedeutet die Übernahme der Kosten für die Grundsicherung im Alter durch den Bund im Kreis Herford noch lange keine Entlastung für die Städte und Gemeinden. Sie wird schlichtweg nicht an die Kommunen weitergegeben. Alle Bürgermeister der kreisangehörigen Städte hatten sich im November letzten Jahres zu recht gegen diese moderne Form des Raubrittertums beschwert.

Die im Vergleich zum Vorjahr um 410.000 € verminderten Schlüsselzuweisungen des Landes und die stärkere Belastung durch die Kreisumlage mit 720.000 € ergeben für 2013 ein höheres Defizit als geplant. Dies alles sind Faktoren, auf die wir keinen Einfluss haben.

Die Menschen hier in Enger möchten aber in einer Stadt leben,

  • die nicht marode ist
  • in der die Infrastruktur gewissen Standards entspricht
  • in der die Schulen intakt sind
  • in der das Schwimmbad geöffnet ist
  • in der gute Jugendarbeit geleistet wird
  • in der öffentliche Grünanlagen auch kinder- und familienfreundlich sind
  • die eine Stadtbücherei mit aktuellem Bestand bietet
  • und in der sich auch der ältere Mensch wohlfühlt.

Auch wenn wir uns z. Zt. nur mit Kassenkrediten über Wasser halten können – so möchten wir dennoch nicht durch weitere Einsparungen in den oben genannten Bereichen unsere Stadt „kaputtsparen.“

Stattdessen setzen wir auf Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung durch das Integrierte Stadtentwicklungskonzept mit verschiedensten Akzenten, sei es durch die Belebung des Barmeierplatzes, weitere kleine Veränderungen in der Maiwiese, Fassadenerneuerung, neue Fahrradständer oder das Areal vor dem Gerbereimuseum – diese Dinge können mit Zuschüssen des Landes getätigt werden, und werden von uns ausdrücklich unterstützt. Aus einer Stadt, die sich nicht weiterentwickelt werden die Menschen abwandern – diesem Trend müssen wir etwas entgegensetzen.

Eine Erhöhung der Musikschulumlage wurde in der Verbandsversammlung am letzten Donnerstag beschlossen und ist nun kurzfristig auch noch in Höhe von ca. 40.000 € für Enger im Haushalt zu berücksichtigen. Die Förderung der Kinder im musikalisch-kreativen Bereich ist zwar nicht mit Wirtschaftlichkeitsberechnungen hinterlegt, garantiert uns als Stadt aber Investitionen in die kulturelle Vielfalt und in die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder und Jugendlichen.

Auch die von der Verwaltung vorgeschlagene und bereits im Rat beschlossene Sanierung der Turnhalle am Gymnasium, die mit 1,7 Mio € in der Gesamtsumme zu Buche schlägt, wird von uns mitgetragen. Um die Politik hier in die Entscheidungen und den Ablauf besser einzubinden, wird sich auf unseren Vorschlag hin ein baubegleitendes Gremium – in dem Vertreter aller Fraktionen beteiligt sein werden – gebildet. Kosten und Ausführung des Baus sollen intensiv begleitet werden.

Die weiteren Maßnahmen zur Energieeffizienz sind dringend erforderlich, um Ressourcen zu schonen und Kosten zu senken. Sowohl die Heizungssanierung in der Flemming-School als auch im Schulzentrum scheinen dringend erforderlich zu sein. Ebenso die Erneuerung Straßenlaternen mit LED-Technik.

Worüber wir allerdings in diesem Zusammenhang in der im letzten Jahr eingesetzten Zukunftskommission dringend beraten müssen sind die jüngst vorgetragenen Energieverbrauchswerte insbesondere im Schulzentrum und im Rathaus. Hier sind z.T. bereits umfängliche energetische Sanierungen erfolgt und trotzdem Steigerungen der Verbrauchswerte zu verzeichnen. Eine Analyse insbesondere des Nutzerverhaltens scheint hier dringend geboten, sowie die Entwicklung von Strategien, wie wir hier gegensteuern können.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die in der Zukunftskommission dringend zu führende Diskussion über die Weiterentwicklung der Kennzahlen, um im Vergleich mit anderen Kommunen gleicher Größe Erkenntnisse gewinnen zu können. Hiermit einher geht die auch seit vielen Jahren angemahnte ständige Verbesserung des Berichtswesens.

Laut der letzten Berichterstattung des Kämmerers über den Haushaltsverlauf 2013 vom 16.04.2013 ich zitiere „kann momentan von einer planmäßigen Ertragsentwicklung im Engeraner Haushalt ausgegangen werden“.

Abhängig sind wir natürlich vom weiteren Konjunkturverlauf sowie den weiteren Erkenntnissen nach der Steuerschätzung im Mai.

Der Bericht schließt mit den Worten, dass der eingeschlagene Konsolidierungskurs konsequent fortzuführen sei und die eigenverantwortlich festzusetzenden Erträge zu steigern seien.

An diesem Punkt setzen wir Grünen an und sagen: wir haben im letzten Jahr unter anderem deshalb dem Haushalt nicht zugestimmt, weil es unserer Ansicht nach ein Ungleichgewicht bei den Steuererhöhungen für BürgerInnen und Gewerbe gegeben hat. Während die Grundsteuer B um 8,4 auf 413 v.H. angehoben wurde, waren es bei der Gewerbesteuer nur 2% auf 411 v.H.

Wir stimmen dem Haushalt 2013 nur dann zu, wenn diese Ungerechtigkeit aufgehoben wird.

Wir stellen deshalb den Antrag, die Gewerbesteuer um weitere 6% auf 435 v.H. zu erhöhen.

Mit diesem Hebesatz liegen wir im Kreis Herford nicht einsam an der Spitze wie Kritiker uns entgegenhalten werden, sondern ziehen gleichauf mit z.B. Hiddenhausen und Herford.

Die zu erwartenden Mehreinnahmen in Höhe von ca. 240.000 € (Steuer abzügl. der Gewerbesteuerumlage) sind zur Deckung der erhöhten Musikschulumlage und weiteren Verringerung des allgemeinen Defizits einzusetzen.

Des weiteren sollen die Ausgaben für Sach- und Dienstleistungen in 2013 pauschal um 5% verringert werden (ca. 320.000 € Einsparung).

Die 12monatige Wiederbesetzungssperre bei freiwerdenden Stellen soll beibehalten werden.

Der angemahnte Konsolidierungskurs wird somit fortgesetzt, um bis 2019 den Haushaltsausgleich zu schaffen!

  Es gilt das gesprochene Wort! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.   Regina Schlüter-Ruff Fraktionssprecherin Bündnis 90 / Die Grünen 6.05.2013